0036 – Verlust und Trauer – Helfende Tipps für die Feiertage mit Stefan Hund
Verlust und Trauer bewältigen
In dieser heutigen Folge des WirLiebenHandwerk.digital Podcasts habe ich ein sehr persönliches und emotionales Gespräch mit dem ehemaligen Pfarrer und Arbeitssicherheitsexperten Stefan Hund geführt. Wir haben über das Thema Verlust und Trauer gesprochen und wie man in schwierigen Zeiten wie Weihnachten damit umgehen kann.
Stefan teilt wertvolle Einblicke und Ideen, wie man sich bewusst auf die Feiertage vorbereiten kann, um die Trauer zu bewältigen. Außerdem betont er die Wichtigkeit, dass Männer genauso wie Frauen trauern dürfen und ermutigt dazu, um Hilfe zu bitten. Eine berührende und hilfreiche Episode, die zeigt, dass es Möglichkeiten gibt, mit Verlust und Trauer umzugehen.
Vergießen von Tränen: „Trauer ist ja immer auch ein Teil von Transformation. Nämlich wirklich dann im Neuen anzukommen, für sich selbst zu definieren, wer bin ich ohne dich.“
Stefan Hund
3 wichtige Punkte zu Verlust und Trauer
1. Weihnachten kann eine schwierige Zeit sein: Die Feiertage können für manche Menschen, insbesondere diejenigen, die Verluste erlebt haben oder sich in schwierigen persönlichen Situationen befinden, belastend sein. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, was einem guttut und sich entsprechend vorzubereiten, sei es durch bewusste Planung von Aktivitäten oder den Mut, um Hilfe zu bitten.
2. Trauer ist ein wichtiger Prozess: Egal ob Mann oder Frau, es ist entscheidend, die eigene Trauer zuzulassen und zu verarbeiten. Trauerberatung, Gespräche mit nahestehenden Personen oder Organisationen wie die Telefonseelsorge können hilfreich sein, um mit Verlusten umzugehen und die emotionalen Herausforderungen zu bewältigen.
3. Akzeptanz und Hilfe annehmen: Es ist in Ordnung, Hilfe zu suchen und anzunehmen, insbesondere als Männer. Die Akzeptanz eigener Emotionen und das Zulassen von Traurigkeit sind wesentliche Schritte auf dem Weg der Verarbeitung.
Stefan hat auch einen eigenen Podcast „Das Schwere leicht gesagt“ – Klick einfach auf den Namen.
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Links zur Episode Verlust und Trauer
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Du kannst die Episode überall hören, wo es Podcast gibt! Bei Fragen schreib mir eine E-Mail an: Sebastian@wirliebenHandwerk.digital oder kontaktiere mich in den Socials.
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Sebastian Bourne [00:00:00]:
Willkommen zu einer neuen Episode hier im WirLiebenHandwerk.digital Podcast, mit mir eurem Host Sebastian. Heute zu Gast der ehemalige Pfarrer und Arbeitssicherheitsexperte Stefan Hund. Wir wollen heute mal über ein ganz besonderes Thema sprechen und deswegen möchte ich vorab einmal ganz kurz darauf eingehen, dass du diese Folge, wenn es dir gerade nicht so gut geht, bitte überspringen solltest oder in Kombination mit deinem Freund, einem Familienangehörigen hören solltest, denn wir reden heute über das Thema Verlust und Trauer. Das heißt, wir haben ja in ein paar Tagen wieder Weihnachten vor der Tür und für den einen oder anderen sind das keine ganz so schönen Feiertage und von daher wollen wir heute hier mal eine sehr, sehr, sehr persönliche Episode aufzeichnen. Den Stefan Hund habe ich bei LinkedIn kennengelernt und über Trauer-Manager.de findest du ihn auch dazu. Deswegen herzlich willkommen, lieber Stefan. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, dass wir heute aufzeichnen können. Heute dazu.
Stefan Hund [00:01:00]:
Sebastian, ganz herzlichen Dank für die Einladung. Eine kleine Korrektur habe ich noch. Ich bin immer noch Pfarrer, aber ich bin im Ruhestand und eine recht einzigartige Kombination in Deutschland. Ich bin gleichzeitig Fachkraft für Arbeitssicherheit und somit vielen Handwerkern auch bekannt, was eine SIFA ist, auch wenn sie nicht unbedingt alle die SIFA lieben.
Sebastian Bourne [00:01:26]:
Ich habe gesehen, du hast in Darmstadt im Uniklinikum gearbeitet. Richtig. Und wie viele Jahre hast du da zu tun gehabt mit ganz vielen Menschen, ganz vielen Themen?
Stefan Hund [00:01:35]:
Also ich war für fast sechs Jahre Klinikpfarrer am Klinikum in Darmstadt, aber dadurch, dass auch an dieser Stelle, ich sage mal Personalknappheit und du kannst nicht 24/7 da sein, habe ich natürlich alle anderen Krankenhäuser in der Vertretung inklusive dem Hospiz genauso mitgemacht. Und wie gesagt, mein Hauptschwerpunkt war in Darmstadt das Klinikum, aber in letzter Konsequenz in Darmstadt alle Krankenhäuser und Hospiz.
Sebastian Bourne [00:02:06]:
Ja, wir haben in ein paar Tagen Weihnachten 2023, das heißt es kommen wieder schwere Momente auf den einen oder anderen von uns zu. Ich habe gerade im Eingang schon gesagt, dass ich heute eine sehr, sehr persönliche Episode hier mit dem Stefan aufzeichne. Auch mich betreffen genau die beiden Themen, die das Thema Verlust und gegebenenfalls auch Trauer mit sich bringt. Ich bin halt an der Stelle, ich nenne mich immer Teilzeit-Papa, weil ich halt die Kinder am Wochenende alle 14 Tage sehe und einmal in der Woche und deswegen wollten wir uns ja heute auch mal dazu austauschen, denn die Feiertage sind natürlich dann auch immer sehr, sehr schwere Tage für Menschen wie uns, weil wir natürlich unsere Kinder vermissen oder weil wir vielleicht an der Stelle natürlich auch gegebenenfalls, wenn es noch dieses Jahr war, bei mir ist es schon eine Weile länger her, gerade eine frische Trennung hinter uns haben im Laufe des Jahres und die Tage natürlich dadurch sehr schwer werden. Stefan, daher die Frage, was hast du hier konkret für einen Tipp, für eine Idee, wie man mit diesem Thema hier umgehen sollte?
Stefan Hund [00:03:10]:
Auf jeden Fall nichts dem Zufall überlassen. Je nachdem, wann ihr, wann du diese Podcast-Episode hörst, hast du noch ein bisschen bis Weihnachten. Bei manchen ist ja, ich werde jetzt ein bisschen ironisch, der 24.12. Immer so überraschend im Kalender. Aber ganz ehrlich, wenn du noch ein bisschen Zeit hast, überlege dir, wie möchtest du an Weihnachten sein? Wie möchtest du Weihnachten begehen? Vielleicht ist es ein Feiern, vielleicht ist es was Ruhiges, aber bereite dich darauf vor. Was ist dir in diesem Moment wichtig? Und schau nicht unbedingt, was die anderen sagen, was ihnen wichtig ist. Es geht um dich.
Sebastian Bourne [00:03:54]:
Nichtsdestotrotz wollen wir natürlich heute dem einen oder anderen Zuhörer und Zuschauer oder auch Zuhörerin und Zuschauerin den einen oder anderen Tipp versuchen zu geben, der natürlich jetzt keine klassische Prozessthematik ist, aber natürlich irgendwas, was auf empathische Art und Weise und auf Bauchgefühl, sage ich mal, oder auch aus deiner Erfahrung heraus basierend ist. Du hast gerade gesagt, nicht ganz alleine sein.
Das heißt, was wäre denn jetzt dein Ansatz, deine Idee, dass das Thema Weihnachten, auch wenn es jetzt, wir haben es ja gerade ironischerweise schon mal kurz gesagt, sehr spontan kommt, wie soll ich damit umgehen? Also was sind jetzt konkret mal ein, zwei Sachen, wo du sagst, daran sollte ich, wenn ich noch dran denke und wenn ich die Möglichkeit habe, darauf noch Einfluss zu nehmen, vielleicht darauf noch Einfluss nehmen können?
Stefan Hund [00:04:39]:
Die erste Frage ist, was tut dir gut? Und nicht, was möchten andere, dass Weihnachten für dich ist oder für sie ist? Sondern die Frage ist wirklich, was tut dir gut? Und wenn du sagst, mir tut gut, jetzt hier durch den Stadtwald zu rennen oder in die Sauna zu gehen, vielleicht gibt es ja da auch eine Möglichkeit. Oder eine gute Flasche Rotwein, es muss ja nicht die ganze Flasche sein, oder ich lade mir Menschen ein, ich lade mich zu Menschen ein, vielleicht auch zu solchen, die du noch nicht kennst. Also ich weiß zum Beispiel, es gibt eine Reihe von Städten, da gibt es sowohl kirchliche als auch andere Angebote, wo du wirklich zusammen den Weihnachtsabend verbringen kannst.
Und ich weiß von einer Reihe von Menschen, die haben auf diese Art und Weise Bekanntschaften geschlossen, mit anderen, zu denen wären sie nie gekommen. Ja, also wie gesagt, mein wichtigster Punkt ist wirklich, in sich zu gehen, was tut mir gut. Wobei, du musst auf der anderen Seite überlegen, in dem Moment, wo du dich zum Beispiel entscheidest, nicht zu Hause zu sein, dann solltest du zumindest außen rum sagen, ich bin nicht da. Nicht, dass dann auf einmal die Vermisstenanzeige kommt, wenn du dann zufälligerweise gesagt hast, ach, ich setze mich mal fünf Tage nach Davos ein, nämlich da wo es schöner und wärmer ist.
Stefan Hund [00:06:06]:
Das sollte es natürlich den anderen sagen, aber ich glaube, es ist wirklich wichtig zu gucken, was tut dir gut.
Sebastian Bourne [00:06:14]:
Also ich habe jetzt mal hier für mich geguckt. Wir haben zum Beispiel jetzt bei uns im Schwimmbad von 9 bis 12 an Heiligabend, das ist ja der Sonntag dieses Jahr, Kinderschwimmen. Das heißt Kinder laden die Eltern ein, haben die das hier so lustigerweise genannt. Das heißt, die Kinder müssen Eintritt zahlen und die Eltern nicht. Ich checke mal aus, ob ich das zumindest an dem Tag, auch wenn es natürlich sonst eher so ist, dass die Kinder da drüben bei der Mama sind und bei den Geschwistern, dass ich vielleicht auch diese Zeit für mich eruiert bekomme, dann dort was zu machen. Ansonsten habe ich mich die letzten Jahre mal sehr, sehr gut in Arbeit versteckt. Das hat immer super geholfen. Aber das ist natürlich auch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Sebastian Bourne [00:06:49]:
Von daher hast du noch eine andere Idee, wie man eventuell die Zeit so ein bisschen überbrücken kann? Weil ich glaube einfach, dass viele Dinge, die wir so tun, für uns eigentlich so normal sind, dass sie uns vielleicht gar nicht so auffallen, die man dann in solchen Momenten auch tun kann.
Stefan Hund [00:07:08]:
Ich war ja fast 20 Jahre Gemeindepfarrer und uns hören jetzt die unterschiedlichsten Menschen zu und mancher sagt sicherlich auch, lass mich in die Ruhe mit der Kirche. Also das kann ich mir auch bei manchen gut vorstellen, aber einfach mal als Gedanke. Ich habe bewusst in den Jahren, wo ich mit Kollegen zusammengearbeitet habe, immer den Spätgottesdienst genommen. Und dieser Spätgottesdienst hat in der Regel eine ganz, ganz eigene Kultur, ein ganz eigenes Flair und sich da einfach mal in diese Situation des Heiligen Abends hereinnehmen zu lassen. Ganz unabhängig davon, wie man sonst sagt im Alltag, so stehe ich zu Kirche, so stehe ich zu Gott, sondern einfach mal sich berühren zu lassen. Das ist sicherlich mal was, das ganz andere gebe ich gerne zu, aber warum nicht?
Sebastian Bourne [00:08:10]:
Also ich hatte eher so gedacht, wie wir jetzt so ein bisschen den Tag strukturieren. Ich glaube auch einfach für mich habe ich so überlegt, ob es vielleicht Sinn machen würde, einfach ganz normal auch mal, auch wenn man es natürlich in der Woche so tut, aber lange nicht, vielleicht umfangreich, aber trotz dessen vielleicht auch mal zu kochen oder solche Sachen oder mal, der Sonntag klappt natürlich nicht, aber vielleicht auch konkret halt mal mit dem einen oder anderen Thema, was man halt an dem Sonntag oder auch an den zwei Feiertagen nachher noch machen kann, dass man vielleicht mal konkret auch überlegt, was kann ich jetzt von den Dingen, die ich da brauche, noch tun bzw. wie könnte ich sie machen?
Das gesagt, man könnte dann schauen, ob Freunde oder andere Menschen Zeit haben, mit denen man dann Zeit verbringen kann oder ob man diese auch einladen kann. Das wäre natürlich auch so eine Ergänzung, wo man sagen kann, wenn man dann, ich sage mal, noch so ein bisschen Weihnachtsvorstress hat, auch wenn das sicherlich nicht das Thema für jeden so ist. Für mich ist Weihnachten auch nicht unbedingt so das schönste Fest, man macht das nur für die Kinder, aber nichtsdestotrotz macht man es natürlich. Was ich jetzt auch gemacht habe, ich werde also auch die Geschenke einpacken und liegen lassen, damit der Tag einfach irgendwie herumgeht. Das muss ich also quasi jetzt nicht im Vorfeld machen, sondern das mache ich dann an dem Tag. Und das sind so Kleinigkeiten, wo ich einfach hoffe, dass die Zeit an dem Tag einfach herumgeht, dass man gefühlt nicht in zwei Minuten-Takt auf die Uhr guckt.
Stefan Hund [00:09:24]:
Ja, du hast auf der einen Seite recht, auf der anderen Seite guck einfach auch mal, dass du das, auch das Einpacken wirklich gestaltest. Nicht nach dem Motto, jetzt nehmen wir den Bogen buntig und mal hier und mal da und noch ein Tesa oben drüber, sondern ja, es wirklich bewusst gestalten, die Sachen einzupacken und ich kann mir auch gut vorstellen, dass es die andere Seite merkt, die da beschenkt wird. Und wir hatten es gestern Abend gerade mit meiner Tochter, der Tochter von meiner Frau, hatten wir es dieses Jahr von Geschenken. Und dann habe ich gesagt, ich möchte eigentlich dieses Jahr mal Sachen schenken, die über den Moment hinausgehen, also eben halt bewusst mal kein Verbrauchsgut ist. Und da kam auf einmal von ihr die Nachricht. Mensch, was ich mir eigentlich wünschen würde, wäre Schal. Daraufhin habe ich gesagt, selbst gestrickt? Oder soll ich da einkaufen? Hm, wenn du es noch hinkriegst, habe ich gesagt, wenn du mit dem Gutschein zufrieden bist und ich es nicht schaffe, dann kriegen wir es auch da hin. Ich kann es nicht genau sagen, ob ich es bis zur Bescherung schaffe, das weiß ich noch nicht.
Stefan Hund [00:10:54]:
Aber das ist natürlich nochmal etwas ganz anderes, was du in diesem Moment einfach auch an dem schenken kannst, was bleibt. Ja und auch was von dir im Endeffekt selbst da reinpacken kannst. Ja, was dich auf jeden Fall überdauert, wenn es der Schal auch überdauert. Das ist eine andere Sache.
Sebastian Bourne [00:11:12]:
Also ich habe mir so überlegt, dass die Kinder dieses Jahr was bekommen, worum wir halt Zeit miteinander verbringen. Also nicht die klassischen Aufbaugeschenke oder die klassischen Situationen, wo man halt sagt, keine Ahnung, dass man halt einfach wirklich auch in der Lage ist, diese Situation mehr als einmal zu nutzen, wie du es gerade schon sagtest, dass es halt auch was Längerfristiges ist oder dass es halt konkret auch Zeiten sind, wo man halt einfach, ich nenne sie mal Quality Zeit hat, dass man halt wirklich nachher mit den Jungs da an der Stelle sich konkret auch mal herausnimmt aus dem Alltag und irgendwas Besonderes macht, was man halt vielleicht sonst so nicht tut im normalen üblichen Tag, aber dann halt wirklich dann auch besondere Momente für die Erinnerung schafft oder vielleicht auch das ein oder andere Bild, was man dazu macht.
Du sagst, ich soll jetzt mal vermehrt auf mich denken oder an mich denken, das natürlich jetzt mal, hier konkret auch als Beispiel auch zu zeigen und insofern natürlich auch der jetzt derjenige oder diejenige Person, die jetzt hier zuhört oder das Ganze auch sieht, die soll natürlich in dem Moment an sich denken. Das heißt, wir haben jetzt überlegt, ohne daran das Einkaufen im Endeffekt zu planen, zu essen, zu machen oder dann, wie du es schon sagtest, vielleicht auch mal alternativ den Spätgottesdienst zu wählen, auch wenn man jetzt nichts mit Kirche am Hut hat. Nichtsdestotrotz ist halt die Sache, du hast es vorhin ganz flapsig oder also ich würde jetzt sagen war ein bisschen flapsig angesprochen natürlich, die Flasche Wein. Wie situativ denkst du, ist das halt in solchen Tagen aus deiner beruflichen Erfahrung heraus, dass halt an solchen Momenten oder in solchen Zeiten wie die Weihnachtsfeiertage oder auch Silvester, da ich sage mal, das Problem herrscht, dass dort halt auch mal zu viel Alkohol konsumiert wird und dass es dadurch halt auch zu anderen Momenten kommt, die vielleicht nicht so gut sind.
Stefan Hund [00:12:54]:
Ja gut, seien wir mal ehrlich, die Weihnachtstage haben natürlich auch in manchen Familien ein gewisses, ich sage mal, Stresspotenzial. Dass man dann auf einmal auch jemanden trifft, den man lange nicht gesehen hat und nicht unbedingt mag oder möglicherweise auf den neuen Freund, der und so weiter und sofort, den man auch nicht mag. Ja, es ist so. Manche Situationen sind an dieser Stelle auch im wahrsten Sinne des Wortes bombig. Es sind auch manche Situationen, wo einfach Erinnerungen zurückkommen. Also ich war mehrere Male an Heiligabend, als ich noch Gemeindepfarrer war, in Familien, wo eben an Heiligabend auch jemand verstorben ist. Auch das muss man aushalten können, auch wenn es sauschwer ist. Ja, also du hast gebracht, im Blick auf den Wein, also ich selber werde mit Sicherheit auch ein gutes Glas Wein trinken, vielleicht auch ein zweites, aber nicht unbedingt ein drittes.
Stefan Hund [00:14:08]:
Und es ist immer die Frage, was tue ich mir Gutes, und wo ist es zu viel des Guten?
Sebastian Bourne [00:14:17]:
Ich denke, das ist ganz, ganz wichtig an der Stelle hier, das auch mal aufzubrechen. Dass man sollte diese ganzen Thematiken, egal was einem in dem Moment für gut, ob das nun langfristig gut ist oder nicht, darüber wollen wir gar nicht beurteilen. Aber nichtsdestotrotz, wenn es halt auch das Glas Wein ist oder keine Ahnung, Jim Beam/Cola oder wo auch immer einem nach der Sinn steht, ich denke aber, wie du es gerade auch gesagt hast, es muss das Maß sein. Also ich denke, alles in Ordnung, keine Frage. Die Tage sind nicht die einfachsten im Jahr, keine Frage. Nichtsdestotrotz in Maßen und dann kontrolliert in der Situation. Das heißt, du hast gerade auch den Verlust von Menschen angesprochen.
Sebastian Bourne [00:14:55]:
Das eine ist ja im Endeffekt die Trennung einer Familie, das Nicht-Dasein der Kinder an den Tagen oder vielleicht nur zu einem oder anderthalb bestimmten Tagen, je nachdem wie die Sachen halt geregelt sind, oder wie weit man weg wohnt und solche Sachen, was da so dazu kommt. Das sind natürlich so Situationen, die könnte man natürlich theoretisch auch zeitlich nachholen. Aber das Thema Verlust an der Stelle ist natürlich auch eine ganz, ganz schwierige Situation. Das muss natürlich wie du es gesagt hast, nicht nur an dem oder zum Weihnachten entsprechend sein, aber das dann natürlich auch immer wieder die Tage an denen solche Sachen natürlich ganz präsent sind und auch natürlich wieder hochkommen. Deswegen, wie gehst du damit um oder was hast du in deiner beruflichen Situation dann mit diesen Menschen, die losgegangen sind und gesagt haben, sie müssen mal mit Menschen wie dir sprechen oder haben sich dann anderen Situationen anvertraut. Wie ist das im Endeffekt? Also was ist im Endeffekt der Punkt, an dem ich sage, ich sollte mal losgehen und mit dann mit jemandem sprechen?
Stefan Hund [00:15:54]:
Die Frage ist ja immer an dieser Stelle, wie gehe ich mit Verlust, wie gehe, ich mit Trauer um? Und du kannst auf der einen Seite sagen, ich habe selbst lange für mich geglaubt und gesagt, in dem Moment, wo jemand wegfällt, stirbt, oder eben halt über Scheidung. Du musst loslassen! Und ich muss sagen, seit mein Bruder 2003 gestorben ist, sage ich heutzutage nicht mehr, du musst loslassen. Sondern für mich ist eher der Punkt, das, was gewesen ist, in das eigene Leben zu integrieren. Dass du da vielleicht auch jemanden haben solltest an deiner Seite, der möglicherweise, ich sage mal, Hebammendienste leistet, ist eine ganz andere Frage. Aber wir alle sind nicht für die Ewigkeit hier und wir alle haben einen gewissen Zeitraum, wo wir hier sind und deshalb ist es wichtig, wirklich da das gute Miteinander in das eigene Leben zu integrieren und eben auch zu wissen, ich freue mich, dass es da gewesen ist, auch wenn es nicht weiter da ist. Es ist ein Teil von mir. Genauso, wenn du sagst, ich muss loslassen. Nein, ich muss nicht loslassen, denn in dem Moment würde ich auch einen Teil von mir selbst loslassen.
Stefan Hund [00:17:23]:
Und ich muss sagen, will ich gar nicht. Sondern da ist wirklich der Punkt, wo kann ich da etwas für mich integrieren. Und ja, da braucht es häufig auch jemanden von außen, denn sich selbst kann man an dieser Stelle vielleicht noch einen Spiegel vorhalten, aber man wird es nicht sehen. Und dann wirklich nochmal zu gucken, was verbinde ich mit demjenigen, einen Guten, und es gibt auch sicherlich Sachen, wo man sagt, das war aber damals nicht so gut, ja? Was verbinde ich damit? Und das wirklich auch ins eigene Leben mit hereinzunehmen und zu sagen, ich bin dankbar, dass wir die Zeit hatten. Und das macht nochmal einen anderen Blick darauf, als wenn ich mich darüber definiere, was ich nicht mehr habe.
Sebastian Bourne [00:18:15]:
Also bei mir ist jetzt nicht 2003, sondern 2014 im Januar, wenn es dann zehn Jahre, in denen meine Mutter nicht mehr da ist. Im Nachgang muss man sagen, ich war ganz lange ganz, ganz enttäuscht und wütend und sauer und weiß der Geier, was ich noch alles so ein Gefühl irgendwo da aufgestaut war. Nichtsdestotrotz ist halt so die Situation, seitdem die Kinder da sind, seitdem man das halt auch mit anderen Augen sehen muss oder seitdem man halt an solchen Momenten halt auch einfach mal dann die Kinder lachen sieht und so weiter, sind es dann halt auch die Situationen, die du gerade beschrieben hast. Also es ist halt nichts nur schön und nichts nur schlecht. Das ist, glaube ich, einfach so die Situation.
Manchmal hat man halt bestimmte Dinge gar nicht mehr so präsent. Da hatte ich dankbarer Weise ein paar Menschen in der Familie, die mir noch so ein, zwei Sachen wieder aufgeholt, also hochgeholt haben und mal aufgezeigt haben. Und seitdem, so wie du das gerade auch gesagt hast, ich das Ganze etwas positiver betrachte und einfach nur die Momente, die halt wirklich schön waren, dann versuche, irgendwo zuzulassen oder halt entsprechend in solchen Momenten auch mal konkret in den Augen zu führen, hilft es auch einfach dann diese Tage auch einfach anders wahrzunehmen, weil, auch wenn man diesen Menschen vermisst, ist es ja nicht so, dass der Mensch ja nicht da war und es ist ja eine ganz wichtige Bezugsperson gewesen der Situation.
Sebastian Bourne [00:19:28]:
Das hat geholfen, beziehungsweise es hilft. Was mir dann immer noch hilft, ist es dann zwischendurch auch mal so ganz blöd, den einen oder anderen traurigen Film zu gucken, auch irgendwo diese Emotionen dann zuzulassen, weil das natürlich auch ein ganz schwieriges Thema ist. Und das wäre halt so das nächste Thema, was ich noch in dem Zuge mit dir kurz ansprechen möchte. Wie siehst du das Ganze, dass natürlich auch oftmals gesagt wird, dass wir Erwachsenen, wir Älteren, manchmal auch nur geschlechterspezifisch Männer, irgendwo nicht traurig sein dürfen, nicht weinen dürfen oder solche Sachen.
Das finde ich ein ganz, ganz schwieriges Thema grundsätzlich in diesem Zusammenhang, weil es natürlich gefühlt manchmal leider auch gar nicht akzeptiert wurde, dass das halt so war. Aber ich denke, das ist ein ganz, ganz wichtiges Ventil, dass das halt auch herauskommt, dass das losgelassen werden kann. Insofern, wie ist da deine Erfahrung aus deinen letzten zig Jahrzehnten gefühlt, die du natürlich mit Menschen gearbeitet hast und natürlich dadurch halt auch eine ganz andere Präsenz, eine ganz andere Wahrnehmung und auch eine ganz andere Situation von anderen Menschen, wie die damit umgegangen sind, dein Erfahrungsplatz natürlich heute ist.
Stefan Hund [00:20:41]:
Also viele haben natürlich diese Prägung, Männer dürfen nicht weinen. Entschuldigung, die können sich an dieser Stelle wie auch an der anderen Stelle nicht heraus schwitzen.
Stefan Hund [00:20:53]:
Um es mal sehr platt zu sagen. Sondern aus meiner Sicht dürfen Männer genauso wie Frauen trauern. Ich würde sogar sagen, sie müssen trauern. Denn was ist im Endeffekt eine Trauer? Eine Trauer ist im Endeffekt einerseits ein Abschiedsprozess von dem, was schön war, was du geliebt hast, was dich geliebt hat, wo du eine emotionale Beziehung dazu hast. Und Entschuldigung, dazu darfst du auch gerne Abschied nehmen. Das Schlimmste ist ja, wenn du, das Schlimmste ist auch was, was mir Menschen gesagt haben, ich durfte nicht Abschied nehmen. Wie viel gibt es, die da gesagt bekommen haben, du bist aber erst drei Jahre zur Beerdigung von der Oma, kommst du nicht mit? Also Entschuldigung, 20 Jahre später kommt denen das aber so, Männlein wie Weiblein, dass du da wirklich hart mit denjenigen arbeiten musst, aber auch arbeiten kannst, dass sie das loskriegen. Also insofern, Männer dürfen, Männer müssen auch trauern können.
Stefan Hund [00:22:03]:
Und das andere ist natürlich, dass einige so ins Fließen kommen, ja auch wirklich, die Tränen haben ja eine Funktion, dass sie einfach Sachen ins Fließen bringen. Und es gibt ja auch eine Reihe von Untersuchungen, je nach Gemütszustand, wie die Salzkristalle sich in den Tränen bilden. Und also wie gesagt, das muss an dieser Stelle in den Fluss kommen, zum einen. Und zum anderen, du möchtest ja nicht stehen bleiben. Und Trauer ist ja immer auch ein Teil von Transformation. Nämlich wirklich dann im Neuen anzukommen, für sich selbst zu definieren, wer bin ich ohne dich. Das ist an vielen Stellen sicherlich das schwierigste, weil man in dem Moment sich bewusst wird, ich muss für mich einstehen. Aber ganz ehrlich, wer insgesamt Schwierigkeiten hat für sich allein zu stehen, da haben wir ganz andere Probleme auf einmal.
Stefan Hund [00:23:07]:
Also insofern empfehle ich da wirklich und rate ich und bitte ich da wirklich jeden und auch gerade Männer darum, wirklich auch in die Trauer zu gehen. Gegebenenfalls auch in eine Männertrauergruppe oder sich einen männlichen Trauerberater zu suchen. Das muss keine lange Therapie sein, das will überhaupt keiner haben. Sondern wirklich da einzelne Punkte für sich herauszuarbeiten, da in die Trauer und damit auch wiederum durch die Trauer zu kommen. Denn je mehr du Angst davor hast, in diese Trauer zu gehen oder davon berührt zu werden, desto größer wird sie. Ist sie aber gar nicht.
Sebastian Bourne [00:23:51]:
Du hast das jetzt nochmal auf die Männer rüber gebrochen. Ich denke aber auch, du hast ja vorhin auch das mit den Kindern kurz angesprochen, dass die Kinder dort teilweise aus solchen Situationen herausgelassen werden. Ich glaube aber auch als Eltern sollte man das auch zulassen. Das ist mir jetzt auch ganz wichtig, dass es wie gesagt aus der eigenen Situation heraus, also auch eine eigene Situation, dass man das halt auch mitbekommen hat, dass es halt immer dann so war, wenn man halt quasi als Erwachsene für sich alleine war. Und dass man natürlich dann für die Kinder funktioniert hat und das irgendwie funktional sein musste, sage ich mal. Das ist natürlich auch eine Situation. Deswegen, ich denke, der Vollständigkeit halber ist es natürlich so, wie du schon sagst, ist völlig richtig. Aber ich glaube einfach, dass jeder, der irgendwie an der Stelle Hilfe braucht, natürlich auch Hilfe bekommen soll.
Sebastian Bourne [00:24:39]:
Da kennst du dich jetzt so ein bisschen besser aus.
Stefan Hund [00:24:41]:
Ja, wobei, da würde ich gerne nochmal kurz herein grätschen. Gerne. Das eine ist, du sagst, Hilfe bekommen soll. Aber ich glaube, die schwierigste Frage, die insbesondere wir Männer zu beantworten haben, ist der Punkt, ich brauche Hilfe. Die meisten können das gar nicht aufbrechen. Sie sagen immer nur, ich kann dir helfen, oder ich kann dir was tun. Ich bin hier der Aktive, ich gehe nur eine Runde Holz hacken oder was auch immer. Aber an dieser Stelle Hilfe zu bitten, das ist glaube ich eine der schwierigsten, aber auch der dankbarsten Aufgaben, der man sich an dieser Stelle stellen kann.
Sebastian Bourne [00:25:21]:
Okay, dann zum Abschluss. Wie gesagt, da hatte ich gerade schon versucht kurz einzuleiten, aber das war nochmal wichtig, dass du es ergänzt hast. Vielen Dank dafür, lieber Stefan. Wo kann ich denn jetzt, wenn ich jetzt in den nächsten Tagen und in den nächsten Wochen irgendwie nochmal die Situation habe, dass ich mit jemandem reden möchte, mich hinwenden? Hast du da irgendwie ein, zwei Sachen, die wir jetzt hier gleich nochmal nennen können und die ich dann auch in die Shownotes schreiben kann, dass ich dann weiß, wo ich mich hinwenden kann, wenn ich mich natürlich mit dem Thema irgendwie gar nicht auskenne und irgendwie gerade nicht bei Herrn Google mein Suchverlauf damit voll schrotten möchte, sage ich mal.
Stefan Hund [00:25:52]:
Also das eine ist, ich selber habe aus dieser Erfahrung gesagt, bis zum Heiligen Drei Königstag habe ich einmal die Woche, gebe ich eine halbe Stunde gerne frei. Wer anrufen möchte, trage sich gerne ein, hole sich einen Termin. Es gibt sogar für dieses Jahr noch welche. Das nächste ist zu gucken, wenn einer sagt, da kann ich auch am Ende zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen, zum Beispiel bei der Telefonseelsorge. Oder wirklich zu gucken, wo gibt es an dieser Stelle Männer Trauerberater. Da muss man natürlich auch gucken, wie läuft das dann auch von der Finanzierung her, denn wir wissen beide, das kriegt man
Sebastian Bourne [00:26:40]:
in der Presse genügend mit, wenn ich mich an dieser Stelle an Therapeuten wenden will, die nicht über die Krankenkasse oder die gerade über die Krankenkasse finanziert werden, dann reden wir über Weihnachten, aber 2026. Also wie ihr merkt, war das heute eine sehr, sehr emotionale Folge, eine sehr, sehr persönliche Folge, die aber auch dir, lieber Zuschauer, lieber Zuhörer, lieber Zuhörerin, lieber Zuhörerinnen, so ist es richtig, helfen soll, einmal zu sehen, dass es gar nicht schlimm ist, Hilfe zu bitten und dass es halt genug Möglichkeiten gibt, das Ganze auch irgendwie anzustoßen. Und sei es erstmal darum, im eigenen Freundes- und Familienkreis mal zu fragen, wo man sich nicht traut, den ersten Schritt auch nach außen zu machen. Nichtsdestotrotz ist die Telefonseelsorge natürlich auch eine ganz neue Trabestelle, wenn man dort anruft, da ist ja niemand, den man überhaupt kennt. Und man kann sich dort vielleicht auch etwas einfacher öffnen in der Situation.
Und ansonsten, wie gesagt, ist es halt eine Situation, einfach damit aktiv umgehen und einfach schauen, dass man die Tage über die Bühne kriegt, dass man sie strukturiert plant und auch entsprechend umsetzt, auch wenn nicht alles minutiös klappen muss, keine Frage, aber nichtsdestotrotz aufstehen, sich fertig machen, was zu essen machen und irgendwie auch mal ein paar Meter vor die Tür gehen, sind glaube ich die ersten und einfachsten Schritte, die jeder von uns tun kann und auch jeder von uns tun sollte. Ich sage danke lieber Stefan, wir hören uns in der einen oder anderen Episode 2024 schon, das haben wir schon besprochen. Insofern, auch wenn das Thema für dich noch mal als Unternehmer spannend ist, hör dir eine der nächsten Folgen mit mir und Stefan an, da werden wir das Ganze noch mal weiter thematisieren.
Sebastian Bourne [00:28:16]:
Heute war es uns wichtig das ganze einmal vor Weihnachten für euch noch mal aufzuzeichnen und konkret auch auf die Weihnachtstage hinzuweisen.
Stefan Hund [00:28:23]:
Herzlichen Dank.
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